Mario Wezel: Urban Farming – Wo Wissen auf den Bäumen wächst

VGH Fotopreis Gewinner 2015

Amerika – Land des Fast Food. Nicht für urbane Farmer. Zwischen Wolkenkratzern und Betonmauern bauen sie auf engstem Raum Obst und Gemüse an oder halten Hühner und Ziegen. Die urbane Landwirtschaft scheint für die einen die verloren gegangene Verbindung zur Natur wiederzubeleben. Andere versuchen, das Gemüse an lokale Restaurants zu verkaufen. Urban Farming ist jedoch kein neuer Trend. Bereits im Zweiten Weltkrieg wurden in Amerika Lebensmittel in sogenannten „Victory Gardens“ produziert.

In seiner Fotoreportage „Urban Farming – Wo Wissen auf den Bäumen wächst“ erlaubt Mario Wezel Einblicke in die Welt amerikanischer Großstadt-Farmer. Die Fotografien zeigen die Möglichkeiten, nachhaltig auf kleinsten Grünflächen landwirtschaftlich zu arbeiten und vermitteln die Werte des Urban Farming. 

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Dean Stiglitz ist Imker aus der Nähe von Boston. Jeden Sonntag kommt er in die Stadt, um auf einem Wochenmarkt seinen Honig zu verkaufen. Am Abend kümmert er sich um die Bienenstöcke auf dem Dach des Lenox Hotels. Das Lenox ist eines der traditionsreichsten Hotels in Boston und verschenkt den Honig vom Dach an wichtige Gäste.
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Aswald Ford ist seit 17 Jahren Häftling in San Quentin. Mehrmals pro Woche nimmt er am Insight-Garden-Programm teil. Die Häftlinge sollen durch Meditation und Gartenarbeit die kleine urbane Farm und ihren eigenen inneren Garten pflegen. Ford sagt, dass er gelernt hat, seine innere Rose mehr pflegen zu müssen.
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Am Massachusetts Institute of Technology in Boston forscht Caleb Harper mit einem Team von jungen Wissenschaftlern an der Möglichkeit, Gemüse im Inneren von Gebäuden anzubauen. In Containern werden computergesteuerten Mikroklimata erzeugt. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Nährstoffzufuhr können komplett online reguliert werden.
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Eagle Street Rooftop liegt am Ufer des Hudson im New Yorker Stadtteil Greenpoint. Die Gründerin Annie Novak gewährt ihren Hühnern einen ganz besonderen Ausblick.
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Viele urbane Farmer legen ihren eigenen Kompost an. Dafür sammeln sie täglich die Obst- und Gemüsereste von lokalen Supermärkten ein.
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Im Osten von New Orleans lebt eine große Gemeinschaft vietnamesischer Flüchtlinge, die in den 1970er-Jahren vor dem kommunistischen Regime flohen. Phu Nguyen und seine Frau Duc Tran nutzen Urban Farming, um traditionelle vietnamesische Kräuter anzubauen und dadurch die Verbindung zu ihrem Herkunftsland aufrechtzuerhalten.
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Champagne ist Teilnehmerin der gemeinnützigen Organisation GrowDat. Im Stadtpark von New Orleans treffen sich jeden Samstag Jugendliche aus verschiedenen Stadteilen, die sich sonst niemals begegnen würden. Hier wird ihnen soziale Akzeptanz und ein Wissen über Gemüse und Anbauformen vermittelt.
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David Young, ein ehemaliger Polizist aus Indiana, ist der Gründer der gemeinnützigen Organisation Capstone. Ansässig im Lower Ninth Ward von New Orleans bewirtschaftet Young gemeinsam mit Freiwilligen 26 brach liegende Flächen und baut dort Gemüse an. Sein Ziel ist es, frische Lebensmittel für die Nachbarschaft zugänglich zu machen.
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Nat Turner war in seinem früheren Leben Lehrer an einer Privatschule in New York. Vor sieben Jahren verließ er sein sicheres Leben und kam nach New Orleans. Seine urbane Farm „Our school at blairs grocery“ steht nach einigen aufregenden Jahren vor dem finanziellen Aus.
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Emily Posner lädt zweimal in der Woche Kinder aus ihrer Nachbarschaft in ihren Garten ein. Sie und ihre Freunde helfen den Kindern bei den Hausaufgaben und vermitteln spielerisch das Wissen über gesunde Ernährung.
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„Paradigm Gardens“ bewirtschaftet drei brach liegende Flächen im Stadtzentrum von New Orleans. Dort wird in Absprache mit drei lokalen Restaurants Gemüse angebaut. Diese Partnerschaft ermöglicht „Paradigm Gardens“ eine finanzielle Grundsicherheit.
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Um Mitglied im exklusiven Jonathan’s Club zu werden, muss man das nötige Kleingeld für den jährlichen Mitgliedsbeitrag bezahlen können. Auf dem Dach des Clubgebäudes im Stadtzentrum von L.A. erntet Souschef Nathaniel McCoy Zutaten für den „Rooftop Salad“. Das hauseigene Restaurant nutzt den Trend von Urban Farming auf seiner Speisekarte.
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Mädchen der Pasadena-Schule besuchen den urbanen Farmer Ron Finley in seinem Haus in South Central L. A. Die Lehrer wünschen sich, dass die Schülerinnen dadurch eine stärkere Verbindung zur Natur aufbauen. Dokumentiert wird aber trotzdem alles digital.
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Eine wachsende Zahl von Restaurants und Bars legen großen Wert auf die lokale Produktion von Lebensmitteln. Dieser Smoothie-Shop in Santa Ana, Kalifornien, bezieht seine Kräuter von einer nur ein paar Meilen entfernten mexikanischen Urban Farm.
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Jordanne Dervaes lebt mit ihrer Familie in Pasadena. Sie haben ihren gesamten Garten als Farm umgestaltet und können dadurch als Selbstversorger leben. Alles, was sie nicht selbst anbauen können, kaufen sie mit dem Geld, das sie durch den Verkauf ihrer Lebensmittel verdienen. Die Hühner werden nicht geschlachtet, sondern nur für Eierproduktion gehalten.
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Im Baseball-Stadion der San Francisco Giants können die Besucher während des Spiels in einer urbanen Farm Platz nehmen. Der angebaute Salat wird direkt vor Ort geerntet und verkauft. Da dort allerdings nicht die nötigen Mengen produziert werden können, wird auch viel angeliefert.
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Stacey Childs ist obdachlos. Ein Projekt in Santa Cruz bietet ihm und anderen Menschen in ähnlichen Situationen einen Praktikumsplatz auf einer urbanen Farm an. Dort werden sie halbtags beschäftigt und somit an einen geordneten Tagesablauf herangeführt.
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Die gemeinnützige Landschaftsarchitekturfirma „Planting Justice“ stellt ehemalige Häftlinge an. Julius war über 20 Jahre immer wieder im Gefängnis und hat es durch die Festanstellung bei „Planting Justice“ geschafft, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Für ehemalige Häftlinge ist es in den USA oft schwer, nach der Freilassung legale Arbeit zu finden.
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Die John-Muir-Highschool in Pasadena veranstaltet über die Sommermonate das sogenannte „Farm-to-Table-Dinner“. Dabei kommen Menschen verschiedener Altersklassen aus der Stadt zusammen und probieren sich durch das Gemüse der schuleigenen Urban Farm.
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Über 80 Prozent der amerikanischen Bevölkerung lebt in Städten. Durch den zentralisierten Lebensmittelanbau wird das Wissen über frische Nahrung immer fragmentierter. Urban Farming hilft dabei, dieses Wissen wieder in die Städte und zu den Konsumenten zu tragen.

Videoportrait Mario Wenzel: Urban Farming – Wo Wissen auf den Bäumen wächst

Mario Wezel

Mario Wezel

1988 in Nürtingen geboren

2007 Abitur

seit 2008 Studium Fotojournalismus und Dokumentarfotografie FH Hannover

2010 Hospitanz Weser Kurier, Bremen

2012 – 2013 Auslandsjahr an der Danish School of Media and Journalism, Aarhus Dänemark

2015 Praktikum National Geographic, USA

www.mariowezel.com